„Sag Jasmin, wie machst du das mit Baby und Yoga? Wie viel Sport und Yoga machst du zur Zeit pro Tag? Wie hast du wieder in deinen gewohnten Rhythmus gefunden? Ich tue mir aktuell so schwer in meine alte Routine zurückzufinden und kann beim Yoga einfach nicht mehr so abschalten wie früher.“
Solche und ähnliche Nachrichten erreichen mich seit der Geburt unserer kleinen Tochter vor sieben Monaten fast täglich. Denn viele meiner Freundinnen und auch ein großer Teil meiner Online-Community sind mehr oder weniger frischgebackene Eltern.
Wie also findet man zurück in seine gewohnte Sport-, Yoga-, Freizeit- oder Wellness-Routine?
Ich möchte hier gleich zur letzten Seite des Buches blättern, weil ich weiß, dass dich im Grunde genommen einfach die Antwort interessiert. Meine Tipps und Tricks eben, wie man wieder zu seiner alten Routine zurückfindet. Bist du bereit?
Meine Tipps und Tricks
Ich habe keine. Ich muss dich leider enttäuschen und sagen: Es gibt sie nicht.
Falls die Ernüchterung jetzt groß ist, verstehe ich das. Vielleicht möchtest du aber dennoch kurz hierbleiben und meine Erklärung dazu lesen. Und eben auch die Antwort, die ich auf diese vielgestellte Frage gebe.
Also ja, doch. Meine Tipps und Tricks. Aber eben keine, um zur alten Routine zurückzufinden.
„Wenn dann der Tag gekommen ist, an dem die romantische ‚Baby-Bubble‘ langsam in den neuen Alltag umschwenkt, dann ist der Reality-Check oft heftig.“
Vermisst du dein altes Leben nicht?
Bevor ich nun endlich in die Marry Poppins-Tasche der klugen Antworten greife, möchte ich noch ein paar Gedanken mit dir teilen.
Neben der oben genannten Frage interessiert viele auch, ob ich mein altes Leben vermisse. Und ob ich vor dem Entschluss, ein Kind zu bekommen, Angst hatte, mein altes Leben aufzugeben. Hier kann ich mit einem ganz klaren „Nein“ antworten.
Meine Gegenfrage wäre eher, warum ich mein altes Leben wieder zurückhaben wollen sollte? Warum sollte ich mir denn erwarten, dass mein Leben vor und nach der Geburt eines Kindes dasselbe ist? Immerhin habe ich mir keine Vase ins Regal gestellt, sondern ein Baby bekommen.
Aus der Zweisamkeit wird eine Kleinfamilien-Dynamik.
Auch wenn alle zwar sagen, dass sich „dein Leben mit Kind komplett verändern wird und nichts mehr so sein wird wie es einmal war“, habe ich das Gefühl, dass sich die wenigsten bewusst sind, was das WIRKLICH heißt. Wenn dann der Tag gekommen ist, an dem die romantische ‚Baby-Bubble‘ der ersten Tage mit Neugeborenen langsam in den neuen Alltag umschwenkt, dann ist der Reality-Check oft heftig. Zwischen all dem Windelwechseln und den Versuchen, das Baby zum Schlafen zu bringen, kommt dann auch mal die Frage auf, wo denn eigentlich die eigenen Bedürfnisse noch Platz haben.
Nur ein Genie beherrscht das Chaos
Auch ich musste feststellen, dass es wahre Organisationskünste, perfektes Time-Management und schier unerschöpfliche körperliche Energie braucht, um den Alltag mit Baby zu meistern.
Und am Ende muss man sich doch zwischen zufriedenem Baby und aufgeräumtem Haus entscheiden. Wobei Ersteres immer als klarer Sieger hervorgeht.
Wo soll da also noch Platz für die lieb gewonnene Yogapraxis sein? Und die Abendroutine? Die hat jetzt nur noch das Baby. Und nach dem dann vorgelesen, gewaschen, eingecremt und zum Schlafen gelegt wurde, möchte man sich eigentlich auch selbst nur mehr dazu legen. Die geliebte Yoga-Routine wird aus dem Fenster geworfen.
Es ist, denke ich, kein Geheimnis, dass man seine Bedürfnisse zumindest vorerst auf die Reservebank setzt. Vielleicht aber geht es auch gar nicht darum, darauf zu hoffen oder zu warten, bis endlich wieder Zeit für die geliebten Gewohnheiten ist.
Sondern viel mehr darum, eine neue gewinnbringende Dynamik und Leichtigkeit zu schaffen.
Nur wie?
Stille finden in der Hektik des Alltags
Was ich am „Social Media Yoga“ kritisiere, ist, dass es meiner Meinung nach fernab der Realität ist. Denn Yoga ist nicht (nur) die perfekt balancierte 90 min Praxis auf der Matte, begleitet von sanfter Panflötenmusik und Räucherstäbchen. Genauso wenig beutetet Meditation und innere Ruhe, sich mit geschlossenen Augen im Schneidersitz den Po wundzusitzen.
Wenn man diese Ansprüche an seine Yogapraxis hat, dann wird man in den ersten Monaten mit Baby wohl verzweifeln. Genau so ist es übrigens mit allen anderen Hobbys und Lifestyle-Themen, an die man perfektionistische (oder unrealistische) Vorstellungen hat.
Wenn man allerdings an den ursprünglichen und traditionellen Sinn von Yoga denkt, so ist das Folgendes: eine Reihe an geistiger und körperlicher Praktiken um Körper, Seele und Geist in Einklang zu bringen.
Ich finde, diese Definition bringt ein gewisses Aufatmen mit sich. Ein Gefühl von dem, was gut möglich ist. Eben genau das, ein Ausgleich und Kraft, etwas Ruhe und Balance.
Mittendrin im Chaos.
„Da liegt sie also, meine Yogamatte, die vom Baby als Spielwiese beschlagnahmt wurde. Jetzt teilen wir sie uns eben.“
Meine Yogaroutine
Während die kleine Zwetschke mit ihren Zehen in der Hand am Rücken liegend die perfekte „Happy Baby Pose“ vorzeigt, beuge ich mich über sie im „herabschauneden Hund“ und lache ihr entgegen.
Sie lacht zurück und ihre ersten zwei Mäusezähne blitzen mir entgegen. Würde ich warten, bis ich meine Ruhe dafür habe, würde ich mich gar nicht bewegen und obendrein ihr süßes Grinsen verpassen. Während wir herum blödeln, steige ich im Sonnengruß vor und zurück und mache jedes Mal lustige Geräusche im Takt meiner Bewegungen, denn es gefällt ihr. Wie schon in einem meiner letzten Artikel erwähnt, bringt dich nichts so sehr in den Moment wie ein Baby.
Am Weg in die Küche lockere ich meinen Rücken mit einem kurzen Twist gegen die Wand und meine Waden dehne ich beim Treppen hinauf gehen.
Es einfach machen und nicht darauf warten, bis sich der perfekte Moment oder die Zeit dazu ergibt.
Wenn ich eines mit Baby gelernt habe, dann ist es meinen Perfektionismus ad acta zu legen. Besser unperfekt getan als perfekt gewartet.
Loslassen
Ich glaube, es geht also darum loszulassen, von deiner ALTEN Routine, von deinem „alten Leben“. Es ist nun mal schließlich ein NEUES Leben und das bedarf auch einer Neuordnung.
Ich glaube auch, es geht vor allem nicht nur darum, das anzunehmen, was ist, sondern zu genießen. Sich zu 100 % dem hinzugeben, mit dem Bewusstsein, dass es ohnehin nur für eine sehr kurze Zeit genau so sein wird, wie es jetzt ist.
Das erste Jahr mit Baby ist extrem. Extrem schön, aber auch extrem anstrengend. Pures Chaos. Wenig(er) Raum für dich selbst. Je mehr du das annimmst und dir immer wieder kleine Nischen schaffst, desto leichter ist es.
Tipps und Tricks – Jetzt wirklich
Wir dürfen unsere Gewohnheiten also neu definieren.
Ich möchte dir im Folgenden nun alle Do’s & Dont’s dazu noch mal kurz und knackig zusammenfassen. Zum Abfotografieren und Abspeichern. Die kannst du dir dann jederzeit noch mal abrufen und dich erinnern, wenn dein müdes Hirn eine Auffrischung oder positive Worte braucht:
1. Neustart.
Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Nimm es als deine persönliche Challenge und Erfahrungserweiterung an und löse dich bewusst mit einem Lächeln von deinen alten Gewohnheiten und Routinen.
2. Just do it.
Wann immer du also ein paar Minuten für dich hast, mit oder ohne Baby: nutze die Zeit. Lies die zwei Zeilen in deinem Buch, mach die zwei Übungen für deinen Rücken oder was auch immer es ist, wonach dein Körper oder dein Geist verlangt. Warte nicht auf den richtigen Moment, sondern tu es einfach jetzt.
3. Raum schaffen.
Eine Yogamatte, die bereits ausgerollt am Boden liegt oder ein Buch, dass griffbereit neben dem Babyspielzeug liegt, lädt zur Benutzung ein. Machs dir so einfach wie möglich!
4. Lass dich neu inspirieren
und dir vom Leben zeigen, wie Sport, Yoga, Kunst etc. noch aussehen könnten und löse dich von dem, was DEINE Definition davon war. Du warst bisher in Sportklamotten auf der Gummimatte? Wie wäre es denn mal im Pyjama auf dem Teppich? Beim Zähneputzen schon mal den Po mit angespannt?
5. Nutze dein Baby als (Trainings)partner.
Unsere kleine Maus liebt es, getragen zu werden und ich kann dir sagen, mein Rücken ist mindestens genauso fit wie vor meiner Schwangerschaft! Online findest du unzählige Ideen zu dem Thema „Work-out mit Baby“. Oder startet einfach mit Gemeinsamen herumkugeln am Boden und lasst euch einfach vom Moment leiten.
6. Schaffe dir Ruhe-Inseln im Alltag.
Hier sind keine Eintritte ins Day-Spa gemeint. Vielmehr ein kurzes Beinehochlagern und durchatmen. Geht zum Beispiel super, während dein Baby im Wohnzimmer am Boden spielt. Leg dich einfach dazu und lagere deine Beine hoch auf der Kante der Couch.
Eine bewusste tiefe Bauchatmung dazu ist fast so entspannend wie eine kurze Yin-Yoga (passives, entspannendes Yoga) Einheit.
7. Rituale vs Routine.
Wenn es sich herausfordernd gestaltet, eine Routine zu finden, egal ob in deiner Yoga-Praxis, deinem Sportprogramm oder generell im Alltag, dann besinne dich auf Rituale. Vielleicht kannst du es zum Ritual oder zu Gewohnheit machen, einmal am Tag, egal wann einen kleinen Stretch ein zu legen. Oder eine Seite in einem Buch zu lesen. Je öfter du diese kleinen Mini-Selfcare-Einheiten einlegst, desto weniger geistigen Aufwand musst du betreiben, um sie 1. wirklich täglich zu tun und 2. sie auch als solche zu genießen. Dein Hirn lernt schneller ab zu schalten und zu entspannen.
Das alles heißt nicht, dass du deinen geregelten Alltag und deine geliebten Routinen aufgeben musst. Und schon gar nicht für immer. Es heißt vielmehr, dass du die neue Situation annimmst und dich zu Neuem inspirieren lässt. Der Herausforderung mit einem Lächeln, einer Neugierde und offenen Armen entgegen gehst.
Ich für meinen Teil beende diesen Artikel jetzt und mache mich auf zu einem Spaziergang. Meine kleine Zwetschke vorne mit im Gepäck. Eine meiner täglichen Routinen in meinem neuen Leben mit Baby.
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