Hebammensprechstunde

Wollt ihr die Plazenta sehen?

Wollt ihr die Plazenta sehen?
Klar sind alle kurz nach der lang ersehnten Ankunft auf das Baby fixiert, ist ja auch gut so. Wir Hebammen versuchen aber immer die Aufmerksamkeit auf dieses Nebenorgan zu richten. Denn eines ist sicher: Im Zuge einer Schwangerschaft und Geburt ist es die wichtigste Nebensache der Welt!

 

„Möchten sie die Plazenta sehen?“, frage ich oft die Eltern etwa 10 – 15 min nach der Geburt, wo sich die meisten Plazenten gelöst haben. In diesem Moment ernten wir meist sehr unterschiedliche Reaktionen. Von angewidert, dass man überhaupt diese Frage stellen kann, über neugieriges genaues Inspizieren und Interpretieren bis hin zu der anschließenden Bitte, sie (oder zumindest ein Stück) mit nach Hause nehmen zu dürfen.

Viele Rituale rund um die Nachgeburt

Man erzählt sich, dass früher die Frauen bei einer Hausgeburt, wenn sie nach der Geburt sehr viel Blut verloren hatten, von der Hebamme ein Stück Plazenta essen mussten, um sie angeblich zu stärken.
Andere hegen wiederum den Wunsch, sie im Garten unter einem Lebensbaum zu begraben.

Eine nette Idee erlebte ich einmal seitens einer Doula, die sich ja eher auf Rituale konzentrieren. Sie fertigte aus der Eihaut kleine Trommeln an, was ein sehr nettes Andenken darstellte.
Darüber hinaus nützte sie die Struktur der Plazenta (insbesondere die Gefäßverzweigung der kindlichen Seite um einen Abdruck zu Papier zu bringen. Dies sieht dann aus wie ein Baum. Auch dieses Ritual ist für die Eltern etwas Besonderes.

 

„Als alles erledigt war, wurde das abgetrocknete Organ noch mit Kräutersalz versetzt.“

Lotusgeburt als sanfter Übergang zum Erdenleben

Vor ein paar Jahren kam eine Frau zu mir in die Ordination. Als wir ihre Geburtsbegleitung besprachen, teilte sie mir mit, dass sie gerne eine Lotusgeburt hätte. Ich fand darauf hin heraus, dass die Lotusgeburt aus Australien stammte und zum Zwecke des sanfteren Übergangs vom Bauch zum richtigen Erdenleben die Plazenta mithilfe der Nabelschnur am Kind dran bleibt. Die Eltern kamen damals mit einem sehr schön genähtem Stoffsäckchen, ausgekleidet mit einem Plastikbeutel für den Transport des Mutterkuchens.

Obwohl dies das 1. Mal war, stimmte ich zu, dies bei ihrer Geburt auszuprobieren. Wir ließen also das Abnabeln ganz sein. Ich konnte trotzdem die üblichen ph- Werte und die Blutgruppe des Kindes von der Nabelschnur entnehmen. Also als alles erledigt war und das abgetrocknete Organ im Säckchen lag, wurde es mit Kräutersalz versetzt, um keinerlei unangenehme Gerüche zu verbreiten. Was auch spannend war, war die Tatsache, dass diese lange, am Organ hängende Nabelschnur bereits nach 4 Tagen abfiel, wo der Nabelschnurrest – wie viele Eltern bestätigen können – etwa 10 – 15 Tage braucht, um abzufallen.

 

Ein Mutterkuchen für alle Fälle

Fest steht jedenfalls, dass der Mutterkuchen niemanden egal ist und unseren Respekt verdient, wenn man bedenkt, dass dieses Organ die Aufgaben mehrerer verschiedener Organe in der Schwangerschaft für das Baby übernimmt. Ob man es nun essen soll oder nicht, sei jedem selbst überlassen, ist aber im Bereich des Rituals angesiedelt und hat keinen erwiesenen Effekt. Mahlzeit 😉

 

Fotocredit: Unsplash/ Serj Tyaglovsky

 

Hebamme Maria Guldner

Hebamme Maria Guldner

Maria Guldner praktiziert als freiberufliche und angestellte Hebamme in Oberösterreich. Ihre Schwerpunkte liegen in der Geburtsvorbereitung in Akupunktur und Akupressur. Sie ist eine der wenigen, die Geburtsbegleitung anbietet, dabei handelt es sich um die Möglichkeit, mit einer eigenen Hebamme ins Krankenhaus zu gehen. Die Mutter dreier Söhne sieht ihren Beruf als Berufung.

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