Die Atmung rund ums Kinderkriegen
Ein wichtiger Teil zur Vorbereitung auf die Geburt ist das Kennenlernen des eigenen Atems. Meist ist das erstmals ein konkretes Hinschauen auf die eigenen Atemmuster.
Der wichtigste Teil ist das „Üben“ der Bauchatmung. Dabei handelt es sich um die Zwerchfellatmung. Das Zwerchfell ist der Motor im Körper und bewegt sich beim Einatmen nach unten, in Richtung des Bauchraums, sodass sich die Lungenflügel optimal mit Sauerstoff füllen können. Im Zuge dessen weiten sich der Bauch sowie das Gebiet der Lendenwirbelsäule.
Beim Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell und die Bauchmuskeln gehen wieder in die Ausgangsstellung zurück.
Atmung – bedeutsames Mittel für Mutter und Kind
Empfindest Du diese konkrete Art der Atmung als schwierig? Falls ja, stell Dir vor, Du würdest an einer Blume riechen – dann gelingt es wie von selbst und ohne Mühe.
Während des Atmens konzentrierst Du Dich nun auf Dein Gesicht. Spüre die Weite der Mundhöhle, die entspannten Lippen, das Gebiet zwischen den Augenbrauen – das sogenannte Drittauge. Dieses weitet sich ebenso; hier kannst Du Dir eine Sonne oder einen Kristall vorstellen, die zu strahlen beginnen.
Achte auch auf Deine Körperhaltung; das Steißbein strebt, wie von einem Gewicht gezogen, nach unten; gegenteilig fühlst Du Dich, als ob Du an einem Faden nach oben gezogen wirst. Diese Methode ist nicht nur im Stehen oder Sitzen, sondern auch im Vierfüßlerstand und im Liegen möglich.
Du achtest nun immer mehr auf Deine Atmung und merkst, wie sich Ruhe im Körper einstellt und in Dir ausbreitet. Auch Dein Baby spürt diese Ruhe und wird sich mit beginnender Bewegung bei Dir bedanken.
„Lenke Deine Aufmerksamkeit auf Dein Herz, lasse ein Bild entstehen und einen Faden wachsen – direkt zum Herzen Deines Babys.“
Der „rosa Herzensfaden“ als Verbindung zu Deinem Baby
Eine sehr schöne Idee, die ich selbst bei einer Weiterbildung kennenlernen durfte, ist das Bild des „rosa Herzensfadens“.
Du lenkst Deine Aufmerksamkeit auf Dein Herz, lässt ein Bild entstehen und einen Faden wachsen, der zum Herzen Deines Babys führt. Verweile ein wenig in dieser Vorstellung und genieße dieses Bild. So spürt auch Dein Baby diese intensive Verbindung. Das ist auch für Deine*n Partner*in eine wunderbare Möglichkeit, eine Verbindung zum Baby aufzubauen.
Bei Untersuchungen in der Schwangerschaft, während der Geburt – speziell in den Wehen-Pausen – oder einfach im Alltag kannst Du dann auf dieses Bild zurückgreifen.
Probiere es einfach aus!
Es ergeben sich hier viele weitere Möglichkeiten, das Bild des Herzensfadens entstehen zu lassen – zu Deinen „großen“ Kindern, zu früh gegangenen Kindern in der Schwangerschaft, von Geschwisterkindern zum Baby oder zu Deinem*r Partner*in.
Atembilder – Sinn oder Unsinn?
Eine Frage, die oft von Schwangeren gestellt wird, betrifft die Notwendigkeit eines Geburtsvorbereitungskurses. In Bezug auf das Atmen ist dieser durchaus von Vorteil, da die Möglichkeit besteht, das richtige Atmen zu üben und Bilder entstehen zu lassen, auf die man in der Wehen-Arbeit zurückgreifen kann.
Atmung und Bewegung, besonders im Beckenbereich, sind die wichtigsten Hilfsmittel, die uns Frauen zur Verfügung stehen. Oft kommen wir auf diese Weise und mit Hilfe der Partner*innen und mit Unterstützung der Hebamme ans Ziel.
Welle, Kreis und Co. – so funktionieren Atemmuster
Lass vor Deinem inneren Auge eine Welle entstehen; atme der Linie nach und konzentriere Dich besonders aufs Ausatmen, indem Du auch im Beckenbereich nachgibst und jedes Ausatmen genießt. Wechsle nach einigen Atemzügen zum Bild des Kreises. Beobachte, welches Bild Dir gefällt und Du am besten bei Dir behalten kannst. Es wird Dir auch während der Wehen gelingen!
Sechs, Sieben, Acht Mal Ausatmen … Du hast wieder eine Wehe geschafft!
Ein Atemmuster, die Zilgrei-Atmung, stabilisiert das vegetative System; das ist die Voraussetzung für Ruhe und die Ausschüttung von Endorphinen und Oxytocin während der Geburt.
Einatmen – fünf Sekunden Pause – Ausatmen – fünf Sekunden Pause – und immer weiter in diesem Rhythmus.
Regelmäßiges Üben im Alltag
Ich empfehle regelmäßiges Üben im Laufe des Tages, z. B vor dem Essen, auf der Toilette oder abends mit dem*r Partner*in. Diese*r leitet Dich an, sodass Du Dich selbst nur auf das Ein- und Ausatmen einlassen und konzentrieren kannst.
Bei der Geburt erweist sich dieses Muster als ideal, um gemeinsam mit der Unterstützung Deiner Hebamme, wieder Ordnung während der Wehen herzustellen, z.B. wenn Du zum Hyperventilieren neigst.
Ich hoffe, ich habe Dich neugierig aufs Atmen gemacht!
Zum Schluss möchte ich Dir mein Lieblingszitat von Johann Wolfgang von Goethe mit auf den Weg geben: „Und niemand weiß, wie weit seine Kräfte gehen, bis er sie versucht hat.“
Diese Worte sollen Euch bei der Geburt und auch darüber hinaus begleiten!
Fotocredits: michelle-wtk, amy-shamblen, camylla-battani/Unsplash
Hebamme Klaudia Rockenschaub
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